SPORT
Foto: Andreas Schlichter
Hinter den Erwartungen
10.01.2020
Der FC Homburg hat sich zum Ende des Spieljahres aus dem Meisterschaftsrennen verabschiedet. Das ausgegebene Ziel war zwar nicht unbedingt der Aufstieg, gemessen an den finanziellen Mitteln ist das Abschneiden aber doch enttäuschend.
Die Ausgangslage
Als die Homburger 2018/2019 Jahr eine starke Saison als Aufsteiger spielten, wurde im Umfeld so getan, als käme das völlig überraschend. Dabei ist bei einem Blick auf den damaligen Kader eigentlich allen klar gewesen, dass mit einem Mittelfeldplatz wohl eher nicht zu rechnen ist. Nach starken Neuverpflichtungen in der Sommerpause waren die Erwartungen im Umfeld natürlich gestiegen, auch wenn Vorstand und Trainer bemüht waren sie klein zu halten. Mit einem breiteren Kader und einem qualitativ besseren Spielermaterial ging es dann in die neue Saison.
Der Saisonverlauf
Den Saisonstart gegen den Aufsteiger aus Bayern Alzenau setzte die Mannschaft von Trainer Jürgen Luginger daneben und startete mit einer Niederlage in die neue Spielzeit. Gegen den nächsten Aufsteiger aus Gießen gab es dann zwar einen Sieg, trotzdem erspielten die Grün-Weißen in den ersten sechs Spielen nur sieben Punkte. Die bitterste Niederlage war dabei die deftige 1:5-Klatsche im Heimspiel gegen zu diesem Zeitpunkt noch schwache Ulmer. Danach kam der FCH aber immer besser in die Spur. Es folgten zehn Spiele ohne Niederlage in Folge, ein Ausrufezeichen setzten die Homburger mit ihrem Auswärtssieg bei den heimstarken Steinbachern. Das Saar-Derby gegen die SV Elversberg konnte ebenso gewonnen werden, lediglich gegen den
1. FC Saarbrücken setzte es dann wieder eine Niederlage. Die letzten Spiele der bisherigen Saison gingen ähnlich schief wie der Start. Zu Hause gab es nur ein Unentschieden gegen Gießen, gegen Ulm war erneut nichts zu holen. So endete dieses Jahr mit einer Niederlage. Vor allem die fehlende Konstanz machte den Homburgern in dieser Hinrunde und zum Rückrundenbeginn zu schaffen. Kapitän und Dauerbrenner Tim Stegerer zählt zu den Leistungsträgern - Foto: Andreas Schlichter
Die Gewinner
Über einen gewissen Zeitraum waren die Leistungen konstant, doch die großen Schwankungen kamen nicht von ungefähr. Die Qualitätsspieler kamen nicht oft genug an ihre Leistungsgrenze. Torwart David Salfeld hingegen spielt bisweilen eine gute Serie, bestach vor allem mit starken Paraden auf der Linie. Dauerbrenner Tim Stegerer ist aus der Mannschaft nicht wegzudenken. Neuzugang Stefano Maier kämpfte sich nach Startschwierigkeiten in die Startelf hinein und war dann auch nicht mehr zu ersetzen. Auf ständig hohem Niveau agierte Maurice Neubauer auf seiner linken Seite. Vor allem seine Standards sorgten immer für Gefahr. Im vergangenen Sommer waren an ihm auch höherklassige Vereine interessiert. Jannik Sommer ließ ebenfalls in einigen Spielen seine Qualität aufblitzen, genau wie Christopher Theisen, der mit sieben Saisontoren bester Torschütze der Grün-Weißen ist.
Die Verlierer
Jan Eichmann gehörte in der vergangenen Saison noch zum Stammpersonal in der Innenverteidigung, kommt in dieser Saison aber nur selten an Kevin Maek und Maier vorbei. Luca Plattenhardt kommt auch im zweiten Jahr nicht aus seiner Rolle als gelegentlicher Ergänzungsspieler heraus. Daniel di Gregorio, eigentlich als Kopf der Mannschaft geplant, hatte immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen und kommt in dieser Saison erst auf sieben Spiele. Seine strukturierende Denkweise fehlte der Homburger Mannschaft oft auf dem Platz. Ihab Darwiche und Neuzugang Serkan Göcer spielen so gut wie keine Rolle in der bisherigen Saison. Insgesamt komplett zu wenig kommt vom Sturm des FCH. Trainer Jürgen Luginger hat mehrere Varianten im Sturmzentrum ausprobiert, doch keine hat sich wirklich bewährt. Patrick Dulleck kommt auf fünf Tore, Damjan Marceta auf vier, Marcel Carl nur auf eins. Vor allem Carl, der vor der Saison aus Saarbrücken verpflichtet worden war, machte in vielen Spielen eine unglückliche Figur, vergab die ein oder andere hundertprozentige Chance. Dulleck kommt in diesem Jahr noch nicht an die Form der vorherigen Saison heran, Marceta machte richtig gute Spiele, zeigte aber schwankende Leistungen. Bei ihm besteht aber sicher Steigerungspotenzial. Trainer Luginger hingegen wirkte nach Niederlagen oft eher ironisch denn kritisch und machte in Interviews manchmal den Eindruck, als wäre er mit Durchschnitt zufrieden. Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, aus einer Mannschaft mit mehr Qualität als im Vorjahr weniger zu machen als erwartet.
Das Umfeld
Trotz des Versuchs von Vereinsseite, die Erwartungen an die Mannschaft herunterzuspielen, wurden zwischenzeitlich auch unruhige Stimmen um das Waldstadion laut. Die Qualität des Kaders ist trotz des Tiefstapelns der Vereinsführung nicht gänzlich zu leugnen, sodass sich Fans auch mehr erhofft hätten. Der junge Sportchef Michael Berndt sucht nach wie vor nach seiner Rolle. Der einflussreiche Hauptsponsor soll dem Vernehmen nach nicht unbedingt „begeistert" vom Abschneiden des Teams sein.
Der Ausblick
Spannend zu verfolgen wird sein, wie die Mannschaft auf die derzeitige Tabellensituation reagieren wird. Nach oben ist der Zug wohl abgefahren, nach unten sowieso. Die restliche Saison wird ein Charaktertest für die Mannschaft und Jürgen Luginger, der nun zeigen muss, dass er sein Team auch ohne die mögliche Tuchfühlung nach oben zu mehr Konstanz bringen kann. Interessant wird auch sein, welche Schlüsse die Vereinsführung aus der Saison ziehen wird. Nach dem Aufstieg im Vorjahr hatte Präsident Herbert Eder den Aufstieg „innerhalb von drei Jahren" als Ziel ausgegeben. Sollte man dieses Ziel weiter verfolgen, müssten im Sommer große Korrekturen vorgenommen werden.
Prognose
Es wäre ein Wunder, wenn der FCH in dieser Saison noch einmal richtig oben heranrücken kann. Auf den ersten Platz, den momentan der 1. FC Saarbrücken innehat, sind es nunmehr zwölf Punkte Rückstand. Nach oben ist der Zug wie gesagt wohl abgefahren, nach hinten erst recht. Unter den ersten Fünf wird der FCH aber dennoch landen und damit das Mittelfeld anführen.
Philipp Häfner